Tiefstand bei Lehrbetrieben und Lehrlingen
Seit den 1960er Jahren sinken die Lehrlingszahlen kontinuierlich. 2021 gab es in Österreich insgesamt nur noch 107.593 Lehrlinge. Auch die Zahl der Lehrbetriebe ist in den letzten Jahren so niedrig wie noch nie.
Die goldenen Zeiten der Lehrlingsausbildung liegen weit zurück. 1980 gab es in Österreich noch über 194.000 Lehrlinge. Fast die Hälfte (47,2 Prozent) aller 15-Jährigen begann damals noch eine Lehre. Seither sank die Zahl kontinuierlich und erreichte 2017 einen Allzeit-Tiefstwert von österreichweit nur 106.613 Lehrlingen. Auch wenn es heute insgesamt weniger Jugendliche und damit potenzielle Lehrlinge gibt, so lag der Anteil der Lehrlinge im 1. Lehrjahr an den 15-Jährigen im Jahr 2019 nur noch bei 39,6 Prozent. 2003 waren es gar nur 37 Prozent der 15-Jährigen, die sich für eine Lehre entschieden.
Rückgang der Lehrlinge auch gemessen an der Altersgruppe
Jugendliche sind heute im Durchschnitt 16,8 Jahre alt, wenn sie eine Lehre beginnen. Deshalb ist es sinnvoll auch den Anteil der Lehrlinge gemessen an den 15- bis 20-Jährigen zu betrachten. Auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild: Während 1980 noch rund ein Viertel dieser Altersgruppe eine Lehre machte, sank der Wert immer weiter bis 2016 mit nur 19 Prozent der Tiefpunkt erreicht wurde. Seither stieg der Anteil der Lehrlinge unter den 15- bis 20-Jährigen wieder etwas auf 20,31 Prozent im letzten Jahr.
Die größte Lehrlingsschmiede: Gewerbe und Handwerk
In der Lehrlingsentwicklung gibt es in den verschiedenen Sparten große Unterschiede. In Gewerbe und Handwerk gibt es traditionell und nach wie vor die meisten Lehrlinge (2021 gab es 46.874 Lehrlinge), gefolgt von etwa einem Drittel davon jeweils in Industrie (16.239) und Handel (15.149). Dennoch war die Zahl der Lehrlinge in Gewerbe und Handwerk in den 1980er Jahren doppelt so hoch wie heute. In dieser Sparte als auch im Handel und im Tourismus und der Freizeitwirtschaft gehen die Lehrlingszahlen kontinuierlich zurück. In der Industrie sind die Lehrlingszahlen seit einem Rückgang bis in die 1990er Jahre relativ konstant geblieben, in den letzten Jahren gibt es sogar leichte Zuwächse. 2021 absolvierten 16.240 Personen eine Lehre in einem Industriebetrieb. Eine positive Entwicklung, besonders in den letzten Jahren, gibt es dagegen in den Bereichen Transport und Verkehr (2.800 Lehrlinge 2021), Information und Consulting (2.520 Lehrlinge 2021) sowie Banken und Versicherungen (1.200 Lehrlinge 2021).
Dramatischer Rückgang der Lehrbetriebe
Gleichzeitig ist ein dramatischer Rückgang der Lehrbetriebe zu beobachten. Gab es bis 2007 noch über 39.000 Lehrbetriebe, wurden es ab da jährlich um rund 1.000 bis 1.500 Betriebe weniger. Erst 2017 konnte der Rückgang beinahe gestoppt werden und die Zahl der Lehrbetriebe pendelte sich auf niedrigem Niveau bei in etwa 28.000 Lehrbetrieben österreichweit ein. Das bedeutet einen dramatischen Rückgang der Lehrbetriebe um ein Viertel in den letzten 15 Jahren.
Image der Lehre dringend aufwerten
Doch warum entscheiden sich immer weniger Jugendliche für eine Lehre und was ist dran am wiederholten Ruf der Betriebe nach Fachkräften? „In unseren Branchen sehen wir deutlich, dass es in den letzten Jahren immer weniger ausbildende Betriebe gibt. Für uns passt es nicht zusammen, einerseits zu jammern, dass es nicht genug Fachkräfte gibt aber andererseits diese Fachkräfte nicht selbst ausbilden zu wollen“, sagt Stefan Laufenböck, Bundesjugendsekretär der PRO-GE. Die PRO-GE Jugend fordert deshalb, das Image der Lehre aufzuwerten. Diese Forderung kommt auch aus den Betrieben selbst. 96,4 Prozent von 1.072 befragten LehrlingsausbildnerInnen erachten das für sehr sinnvoll oder eher sinnvoll. Zum Auftakt der Entwicklung eines neuen Modells zur Höherqualifizierung in der Lehre (auf Initiative des Wirtschaftsministeriums) sagt Laufenböck: „Als PRO-GE Jugend begrüßen wir zwar jeden Ansatz die Lehre aufzuwerten, hielten es aber für sinnvoll in erster Linie die Rahmenbedingungen bei bereits bestehenden Qualifizierungen wie etwa der Meisterprüfung zu verbessern. Es kann nicht sein, dass die jungen Erwachsenen für eine so wichtige Qualifizierung tausende Euro zahlen müssen. Die Matura ist gratis, die Meisterprüfung muss es auch sein.“
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