Achtung, Kamera! Was gilt bei Videoüberwachung im Betrieb?
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema
In einer Wiener Wäschereikette werden Mitarbeiter.innen ohne ihr Einverständnis videoüberwacht. Der Chef brachte in den Geschäftsräumen Kameras an. Die Beschäftigten des Unternehmens wandten sich an die Gewerkschaft PRO-GE und baten um Unterstützung. Die Reaktion der Geschäftsführung? Sie warnte in WhatsApp-Nachrichten an die Mitarbeiter:innen vor der Gewerkschaft und diffamierte diese als Betrüger. Die Kronen Zeitung hat über den Fall ausführlich berichtet.
Doch was gilt eigentlich bei Videoüberwachung in Unternehmen und welche Rechte haben Arbeitnehmer:innen? Susanne Haslinger, Rechtsexpertin der Gewerkschaft PRO-GE, beantwortet die wichtigsten Fragen.
Sind Videokameras am Arbeitsplatz erlaubt?
Eine Videoüberwachung in Betriebsräumlichkeiten und an sonstigen Arbeitsplätzen ist nur aus sehr eingeschränkten, nachvollziehbaren Gründen zulässig, zum Beispiel zur Prävention oder zur Aufklärung von Diebstählen, zum Schutz von Leib und Leben und Ähnliches.
Der beabsichtigte Zweck muss dabei ausdrücklich genannt werden – die Videoüberwachung darf sich zeitlich und räumlich dann auch nur in diesem Rahmen bewegen und muss ausdrücklich gekennzeichnet werden (Ein Schild mit der Aufschrift „Dieser Bereich wird videoüberwacht“ oder ein übliches Piktogramm).
Besonders heikel sind Aufnahmewinkel, die direkt die Arbeitnehmer:innen bei ihrer Arbeit filmen. Das ist unzulässig. Denn Videoaufnahmen zur Kontrolle der Arbeitnehmer:innen sind vom Datenschutzgesetz verboten. Das heißt, eine Überwachung zum Beispiel des Kassenraums oder bestimmter Maschinen, bei der immer wieder Arbeitnehmer:innen im gefilmten Abschnitt auftauchen oder arbeiten, ist etwa zum Diebstahlsschutz grundsätzlich erlaubt. Eine Systematische Überwachung der Mitarbeiter:innen oder eine Leistungskontrolle per Videoüberwachung sind nicht zulässig.
Verboten ist weiters eine Videoüberwachung höchstpersönlicher Bereiche, wie beispielsweise in Umkleideräumen oder Toiletten.
Darf das Unternehmen ohne Einverständnis der Mitarbeiter:innen Kameras anbringen?
Wird durch die Videoüberwachung die Menschenwürde der gefilmten Arbeitnehmer:innen im Betrieb berührt, ist sie nur mit Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer:innen zulässig. Ein solches Berühren der Menschenwürde liegt dann vor, wenn die Überwachung eine bestimmte Intensität erreicht, zum Beispiel der gesamte Arbeitsort gefilmt wird oder Arbeitnehmer:innen die ganze Zeit bei der Arbeit gefilmt werden. Gerät ein/e Arbeitnehmer:in nur ab und zu und vielleicht nicht einmal zur Gänze ins Bild, wird eine solche Intensität noch nicht vorliegen und die Zustimmung kann entfallen.
Absolut ausgeschlossen ist aber jedenfalls eine Videoüberwachung, von der die Arbeitnehmer:innen gar keine Kenntnis haben oder bei der nicht klar ist, ob es sich bei der Kamera nur um eine Attrappe handelt, welchen Bereich sie filmt, ob die Aufnahmen gespeichert werden usw.
Was gilt in Unternehmen mit Betriebsrat?
Um eine Videoüberwachung im Betrieb zu installieren, in deren Aufnahmebereich zumindest dann und wann auch Arbeitnehmer:innen geraten können, braucht es zwingend eine Betriebsvereinbarung. Darin muss der Zweck der Videoüberwachung geklärt werden, daran ist der konkrete Einsatz dann gebunden. Darüber hinaus darf nur das gelindeste Mittel verwendet werden, mit dem der Zweck gerade noch erreicht wird. Es dürfen also nicht überschießende Bereiche gefilmt werden, Aufnahmen gespeichert werden, obwohl es sich um eine Echtzeitüberwachung handelt etc. Abschließend ist zu klären, ob es bestimmte personelle oder technische Einschränkungen braucht, um zum Beispiel einen Missbrauch der Bildaufnahmen zu verhindern.
In der Praxis hat es sich bewährt, dass den Betriebsvereinbarungen ein Anhang angeschlossen wird, wo anhand eines Plans des Betriebsgeländes die Positionen und Aufnahmewinkel der Kamera ganz genau verzeichnet sind.
Welche Rechte haben Arbeitnehmer:innen, wenn sie unerlaubt überwacht werden?
Werden Arbeitnehmer:innen unerlaubt gefilmt, können sie die Videoüberwachung vom Arbeits- und Sozialgericht mit sofortiger Wirkung untersagen lassen. Hier hilft der/die zuständige Gewerkschaftssekretär:in gerne weiter!
Auch wenn es sich hier um arbeitsrechtliche Fragestellungen handelt, ist auch die Datenschutzbehörde hier eine gute Anlaufstelle
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