Nein zu einer Nulllohnrunde bei KV-Löhnen
Arbeitgeberangebot benachteiligt ZeitarbeiterInnen und Lehrlinge
In der zweiten Runde der Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallindustrie hat der Fachverband der Metalltechnischen Industrie (FMTI) am Montag sein Angebot unterbreitet: Die Ist-Löhne sollen nach den Vorstellungen der Arbeitgeber um 4,1 Prozent steigen, während die kollektivvertraglichen Mindestlöhne nicht erhöht werden sollen. Keine Erhöhung sieht das Angebot auch für die Zulagen vor, der FMTI fordert im Gegenteil sogar Verschlechterungen bei Arbeitszeit und Überstundenabgeltung. Die Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) bewertete dieses Angebot als Provokation und lehnt es als absolut unzureichend ab. Besonders schlecht fällt dieses Angebot aber für die rund 20.000 in die Metallindustrie überlassenen ZeitarbeiterInnen aus und für Lehrlinge im vierten Lehrjahr aus.
ZeitarbeiterInnen haben gerechten Anteil verdient
Der vor 20 Jahren ins Leben gerufene Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung regelt nämlich, dass von dem im Beschäftigerbetrieb gültigen Kollektivvertrag und dem KV für die Arbeitskräfteüberlassung der jeweils bessere zur Anwendung kommt. "Diese Systematik zur Festlegung der Mindestlöhne für die in eine bestimmte Branche überlassenen Arbeitskräfte minimiert die Lohnunterschiede zwischen Stammbelegschaft und ZeitarbeiterInnen im Interesse beider Gruppen", erläutert Thomas Grammelhofer, PRO-GE Branchensekretär für die Arbeitskräfteüberlassung.
Damit wird eine Nulllohnrunde bei den KV-Mindestlöhnen in der Metallindustrie aber zu einer kompletten Nulllohnrunde für die in die Metallindustrie überlassenen ArbeitnehmerInnen. "Die Regelung soll verhindern, dass ZeitarbeiterInnen und Stammbeschäftige gegeneinander ausgespielt werden können. Diese Intention wird mit der Arbeitgeber-Forderung bei den Metallindustrie-Verhandlungen ins Gegenteil pervertiert", kritisiert Grammelhofer, dass dadurch Zeitarbeit im Verhältnis deutlich verbilligt würde.
Die größten Leidtragenden wären aber freilich die überlassenen Arbeitskräfte. "In Zeiten einer historisch hohen Inflation, wäre es geradezu unanständig, die Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter durch die Finger schauen zu lassen und ihnen einen gewaltigen Realeinkommensverlust aufs Auge zu drücken", so der PRO-GE Branchensekretär. "Die Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter haben so wie alle anderen ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg im vergangenen Jahr beigetragen. Wir werden nicht zulassen, dass sie jetzt um ihren gerechten Anteil daran gebracht werden", stellt Grammelhofer klar.
Brutale Lohnkürzung für Lehrlinge
Auch für den Bundesjugendvorsitzenden der PRO-GE, Benjamin Liedlbauer, ist eine Nulllohnrunde bei den KV-Löhnen nicht akzeptabel: „Haben sich die Arbeitgeber wirklich gut überlegt, was sie hier fordern? Gerade für Lehrlinge ist eine Nulllohnrunde bei den KV-Löhnen ein Schlag ins Gesicht.“ Er erläutert, dass jene Lehrlinge, die bereits im vierten Lehrjahr sind und somit kurz vor der Lehrabschlussprüfung stehen, bei der Übernahme durch den Betrieb zum gleichen Lohn einsteigen müssten, wie jene KollegInnen im Jahr zuvor. „Das ist eine brutale Lohnkürzung. Gerade junge Menschen, die dabei sind, sich eine Existenz aufzubauen, sind von der hohen Inflation besonders betroffen. Sie werden von den Arbeitergebern im Stich gelassen“, sagt Liedlbauer und betont, dass man seitens der Gewerkschaft dieser Forderung keinesfalls nachgeben werde.
Doch nicht nur die jungen Menschen in den Betrieben der Metalltechnischen Industrie hätten durch fehlende KV-Lohnerhöhungen einen Nachteil zu erwarten, sondern dieses „Angebot“ der Arbeitgeber werde auch der Industrie auf die Füße fallen, ist der Jugendvorsitzende überzeugt. „Der Fachverband der Metalltechnischen Industrie gibt auf seiner Website an, dass unter den von ihm befragten Unternehmen 69,5 Prozent die Verfügbarkeit von Fachkräften als großes Problem sehen. 2021 hatte die Metalltechnische Industrie einen Rückgang an Lehrlingen um 2,4 Prozent auf das Jahr 2020 zu verzeichnen, während im gleichen Zeitraum in der gesamten Industrie nur ein Minus von 0,9 Prozent ausgewiesen ist“, erläutert Liedlbauer.
„Solche Forderungen wirken demotivierend auf junge Menschen. Der Fachkräftemangel wird sich nicht durch Händeringen beheben lassen. Hier muss die Metalltechnische Industrie aktiv mitarbeiten und Maßnahmen setzen, die dazu beitragen, dass Lehrlinge auch nach dem Lehrabschluss der Branche die Treue halten und nicht in andere Industriezweige abwandern, die bessere Rahmenbedingungen anbieten“, so der Jugendvorsitzende abschließend.
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