Aushungern der Unfallversicherung
Die Modernisierung der Berufskrankheitenliste ist weiter ausständig, stattdessen werden Arbeitgeberbeiträge weiter gesenkt.
Die Patientenmilliarde der türkis-blauen Regierung hat sich bekanntlich in Luft aufgelöst. Aber damit ist es noch nicht getan, denn der damals eingeschlagene Weg wird auch unter Schwarz-Grün fortgesetzt. Die finanzielle Basis der Sozialversicherung wird weiter ausgehöhlt, wie das Beispiel Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zeigt. Die AUVA ist mit rund 4,6 Millionen Versicherten der größte Unfallversicherungsträger in Österreich. Bei der AUVA sind ArbeitnehmerInnen, Kindergartenkinder, SchülerInnen sowie StudentInnen versichert. Auch Mitglieder von einigen freiwilligen Hilfsorganisationen sind in den Versicherungsschutz einbezogen. Die Aufgaben der AUVA sind gesetzlich festgelegt und beinhalten unter anderem die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Unfallheilbehandlung und Rehabilitation oder Arbeitsmedizinische Betreuung.
Trotz dieser wichtigen Aufgaben war die AUVA in den vergangenen Jahren wiederholt mit Beitragskürzungen konfrontiert. In der aktuellen Ausgabe von „Gesunde Arbeit“ warnt etwa Wolfgang Panhölzl von der Abteilung Sozialversicherung in der AK Wien vor den drohenden negativen Folgen. Aktuell belastet die von der Bundesregierung beschlossene Beitragskürzung von 1,2 auf 1,1 Prozent die AUVA mit 125 Mio. Euro. Eine ausgeglichene Gebarung bleibe mittelfristig unmöglich, so die Einschätzung des Experten.
ÖGK muss Kosten übernehmen
Aber nicht nur der Unfallversicherungsschutz leidet, sondern auch die Krankenversicherung. Denn gleichzeitig wurde die Abgeltung der AUVA an die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) für die Behandlung von Arbeitsunfällen um 110 Mio. Euro jährlich gekürzt. Eine notwendige Modernisierung der Berufskrankheitsliste fehle zudem weiterhin. "Längst hat die Liste den Anschluss an die vielfältigen Belastungen der modernen Arbeitswelt verloren", schreibt Panhölzl in seinem Beitrag. Während zum Beispiel in Deutschland die Liste 82 Positionen – darunter auch belastungsbedingte Wirbelsäulen-, Hüft- und Knieerkrankungen - umfasse, seien es in Österreich gerade einmal 52.
Ein politischer Ehrgeiz für eine wirkliche Modernisierung sei trotzdem nicht zu erwarten. Es werde auf Kosten der Versicherten gespart. Panhölzl verweist auf den vor Jahren vorgezeichneten Weg: "Für die im Ergebnis abgesagte echte Modernisierung der Berufskrankheitenliste muss die ÖGK weiterhin für die Behandlung arbeitsbedingter Krankheiten, die eigentlich der AUVA als Berufskrankheiten zuzuordnen wären, die Kosten tragen. Die derzeitige Bundesregierung setzt den von der ÖVP/FPÖ-Regierung eingeschlagenen Weg des finanziellen Aushungerns fort, indem die durch Arbeitgeberbeiträge finanzierte AUVA auf Kosten der ÖGK-Versicherten entlastet wird."
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