So gefährlich ist das neue Arbeitszeitgesetz
ÖVP und FPÖ boxen das Arbeitszeitgesetz ohne ordentliche Begutachtung im Parlament durch. Es soll bereits im September in Kraft treten. "Die Bundesregierung ignoriert mehr als 100.000 Menschen, die bei der Demo am 30. Juni ihren Unmut über den generellen 12-Stunden-Tag kundgetan haben. Und sie zeigt keinerlei Respekt gegenüber den zehntausenden ArbeitnehmerInnen, die in Betriebsversammlungen ihre Sorgen über die geplante Gesetzesänderung mitteilen", sagt PRO-GE Vorsitzender Rainer Wimmer.
Bisher war das Arbeitszeitgesetz ein Schutzgesetz. Damit ist jetzt Schluss: Unter anderem werden TeamleiterInnen und VorarbeiterInnen aus dem Arbeitszeitgesetz ausgenommen, für sie gibt es keine Grenzen mehr. Die Freiwilligkeit bei Überstunden ist ein Etikettenschwindel, weil praxisfremd. Höhere Zuschläge für Überstunden werden fallen, weil die Grundlage für Betriebsvereinbarungen gestrichen wird. Die angebliche Flexibilität wird schlicht zu längeren Arbeitszeiten und vermehrter Sonntagsarbeit führen. Die psychischen und physischen Erkrankungen werden zunehmen.
>>> Alle Infos unter www.neinzum12stundentag.at
Schon jetzt ist es über kollektivvertragliche Regelungen und Betriebsvereinbarungen möglich, bei Vorliegen eines erhöhten Arbeitsbedarfes die Arbeitszeit zu erhöhen. Mit den derzeit geltenden Regelungen ist es noch nie dazu gekommen, dass ein Auftrag nicht hätte abgearbeitet werden können. Dennoch wird nun massiv in dieses ArbeitnehmerInnenrecht eingegriffen. Betriebsvereinbarungen und arbeitsmedizinische Überprüfungen werden nicht mehr möglich sein. Damit kommt es zu Kürzungen von Zuschlägen, zu gesundheitlichen Risiken und es gibt keine Mitbestimmung der ArbeitnehmervertreterInnen.
"Die Betriebsräte hatten bisher die Möglichkeit, faire Rahmenbedingungen zu verhandeln", sagt etwa AK-Arbeitsrechtsexpert Christoph Klein. Etwa zusätzliche Zuschläge, die Möglichkeit Nein zu sagen, geblockter Zeitausgleich et cetera. Existierende Betriebsvereinbarungen könnten nach Inkrafttreten des Gesetzes vom Arbeitgeber gekündigt werden und neue Betriebsvereinbarungen würden nicht mehr abgeschlossen werden können. "Diese Betriebsvereinbarungskompetenz wird jetzt durch die neue Arbeitszeitnovelle mit einen Schlag aus dem Arbeitszeitgesetz gestrichen und an ihre Stelle tritt ein einseitiges Anordnungsrecht des Dienstgebers", sagt Klein.
Dass die Regierung die Freiwilligkeit für die Stunden elf und zwölf ins Gesetz schreiben wird, ist sinnlos. Wer Nein sagt, wird bei Personalabbau wohl als Erster gekündigt. In der Praxis gibt es keine Freiwilligkeit für ArbeitnehmerInnen, zusätzliche Überstunden abzulehnen. Ebenso wenig gibt es die freie Entscheidung, geleistete Überstunden abzubauen, wenn der Arbeitnehmer dies möchte.
Darüber hinaus sind auch "freiwillig" geleistete überlange Arbeitszeiten auf Dauer gesundheitsschädlich. Das Arbeitszeitgesetz wurde bisher nicht umsonst auch als ArbeitnehmerInnenschutzgesetz gewertet.
"Chronischer Stress ist kein Spass", erklärt der Arbeitsmediziner Rudolf Karazman, er führe unter anderem zu Rückenschmerzen, Herz-Kreislaufproblemen, Panikattacken und Depressionen. Nach seinen Erkenntnissen sehen sich die meisten ArbeitnehmerInnen durch starken oder sogar sehr starken Stress belastet. Die Ursachen dafür lägen in hoher Arbeitsintensität bedingt durch Beschleunigung, Technologie und Deregulierung. "Eine Entgrenzung der Arbeitszeit ist kontraproduktiv", sagt Karazman, zumal Österreich ohnehin einer der produktivsten Standorte der Welt sei.