Seit 1. Jänner 1973 ist der Jugendvertrauensrat gesetzlich in Österreich verankert. Auch wenn er damit 50 Jahre „auf dem Buckel“ hat, so ist er definitiv gut gealtert und wichtiger denn je!
Seit seiner gesetzlichen Einführung 1973 war der Jugendvertrauensrat im Großen und Ganzen unumstritten. Auch wenn manche UnternehmerInnen nach wie vor der Meinung waren, Auszubildende hätten sich zu fügen, gab es stetig Verbesserungen. Bald schon stellte niemand mehr in Frage, dass Lehrlinge in den Betrieben auch eine Vertretung – ein Sprachrohr – brauchen. „Ein Jugendvertrauensrat ist so wichtig, weil Jugendliche und Lehrlinge andere Themen und Anliegen haben als erwachsene Beschäftigte. Jugendvertrauensräte sind wie Klassensprecherinnen oder Klassensprecher, nur eben im Betrieb“, erklärt PRO-GE Jugendvorsitzender, Benjamin Liedlbauer anlässlich der Jubiläumsfeier „50 Jahre Jugendvertrauensrat“ in der ÖGB-Zentrale in Wien.
Paradigmenwechsel 2017
Es war für viele ein Schock, 2017 im Regierungsprogramm von türkis-blau zu lesen: „Das aktive Wahlalter bei Betriebsratswahlen wird von 18 auf 16 Jahre gesenkt und ersetzt den Jugendvertrauensrat.“ Die Österreichische Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) machte sofort mobil und startete eine Petition mit mehr als 20.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern innerhalb kurzer Zeit und die Kampagne „#JVR bleibt!“ auf Social Media.
#JVR bleibt!
Beim 3. Gewerkschaftstag der PRO-GE protestierte die Jugend mit zugeklebten Mündern und zeigte damit auf, dass Lehrlinge und Jugendliche durch die Abschaffung des Jugendvertrauensrates mundtot gemacht werden sollen. „Ein Jugendvertrauensrat wird alle zwei Jahre gewählt, ein Betriebsrat hingegen nur alle fünf Jahre. Damit hat man unter Umständen in seiner Lehrzeit nie die Möglichkeit zu wählen“, erklärt Liedlbauer das dahinterliegende Problem. "Wir haben diese wichtigste betriebliche Mitbestimmungsmöglichkeit für Lehrlinge schließlich erfolgreich verteidigt, nicht zuletzt dank des unermüdlichen Einsatzes meines Vorgängers 'Tschosie' Rehberger", erinnert Liedlbauer. Reinhold Binder, Organisationssekretär der PRO-GE zieht aus dieser Zeit ebenfalls seine Lehren: „Der Angriff auf den Jugendvertrauensrat hat uns gezeigt, dass alle unsere Errungenschaften von heute auf morgen in Frage gestellt werden können. Wir müssen den Jugendvertrauensrat auch in Zukunft wie unseren Augapfel hüten.“
Es gibt noch viel zu tun
Zu tun bleibe genug, so Liedlbauer. Die PRO-GE Jugend sieht in mehreren Bereichen dringenden Handlungsbedarf:
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Ausweitung der Bildungsfreistellung für JugendvertrauensrätInnen
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bessere Bezahlung in der Überbetrieblichen Ausbildung
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die Aufwertung des Images der Lehre
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beim fehlenden Engagement der Betriebe bei der Lehrlingsausbildung, die dann nur allzu gern über den Fachkräftemangel jammern.
Rund 780 Jugendvertrauensrätinnen und Jugendvertrauensräte setzen sich in 385 Betrieben der PRO-GE Tag für Tag für die Anliegen der jungen Kolleginnen und Kollegen ein. „Zu sehen, dass man im Betrieb ernst genommen wird, die eigenen Anliegen vertreten werden und man mitbestimmen kann, ist für viele Jugendliche enorm wichtig. Der Jugendvertrauensrat erfüllt hier eine wichtige Aufgabe für das Demokratieverständnis junger Leute“, resümiert Liedlbauer.
Wie der Jugendvertrauensrat entstand
Auch wenn es die Jugendorganisation im ÖGB gleich nach seiner Gründung gab und bald darauf auch Jugendvertrauensräte in den Betrieben gewählt wurden, fand die betriebliche Mitbestimmung von Lehrlingen im Betriebsrätegesetz von 1947 keine Berücksichtigung. Das Wahlalter wurde auf 18 Jahre festgelegt und es dauerte noch bis Anfang der 70er Jahre, bis es zur gesetzlichen Verankerung von Jugendvertrauensräten kam.
Aktion „M wie Mitbestimmung“
Dem vorangegangen waren mehrere Initiativanträge, die auf Druck der ÖGJ durch die SPÖ eingebracht wurden. 1971 reichte es den Jugendlichen schließlich und sie beschlossen beim 12. Jugendkongress des ÖGB die Aktion „M wie Mitbestimmung“. Die Forderungen waren Mitbestimmung im Betrieb, Bildungsfreistellung und erweiterter Kündigungsschutz, Einladungen zu Betriebsratssitzungen und finanzielle Unterstützung der Betriebsratskörperschaft, um unabhängig von der Großzügigkeit der UnternehmerInnen zu sein.
Endlich erfolgreich!
In knapp drei Monaten sammelten sie rund 51.000 Unterstützungsunterschriften – auf Papier versteht sich. Endlich zeigte sich der Erfolg! Das Jugendvertrauensrätegesetz wurde im Juli 1972 beschlossen, trat am 1. Jänner 1973 in Kraft und wurde im Jahr darauf Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes. Seither gab es zahlreiche Verbesserungen und der Jugendvertrauensrat hat sich hinlänglich etabliert.