10 Jahre für die Rechte von Erntearbeiter:innen
Die Sezonieri-Kampagne – 2014 ins Leben gerufen – setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen bei der Ernte auf Österreichs Feldern ein. Zum Jubiläum ist es Zeit für eine Zwischenbilanz und zurückzublicken, was verändert und erreicht wurde.
Ob Radieschen, Gurken, Tomaten oder Äpfel: Heimisches Obst und Gemüse ist bei den Konsument:innen beliebt. Damit das alles erntefrisch in den österreichischen Geschäften liegt, arbeiten jedes Jahr zwischen 15.000 und 18.000 Erntearbeiter:innen aus Rumänien, Serbien, Ungarn, der Ukraine und anderen Staaten auf den österreichischen Feldern. Manche kommen für einige Wochen, andere bleiben viele Monate.
Schwierige Arbeitsbedingungen
Sie arbeiten unter oft schwierigen Bedingungen auf Feldern, in Glashäusern und Folientunneln oder Abpackhallen – bei größter Hitze genauso wie bei strömendem Regen. Die ohnehin niedrigen KV-Löhne (derzeit zwischen 7,76 € und 8,92 € netto pro Stunde) werden in vielen Fällen nicht korrekt ausbezahlt. Die Arbeiter:innen werden oft um ihr Urlaubs- oder Weihnachtsgeld betrogen, arbeiten zeitweise über 70 Stunden pro Woche und sind immer wieder in Quartieren untergebracht, die diesen Namen nicht verdienen.
Aufklärung direkt auf dem Feld
Um ihre Situation zu verbessern, wurde 2014 die Sezonieri-Kampagne als Kooperation zwischen PRO-GE, Aktivist:innen und NGOs ins Leben gerufen. Seither verfolgt die Kampagne zwei Hauptanliegen: Unterstützung und Aufklärung der Arbeiter:innen über ihre Rechte, vielfach direkt vor Ort, und Bewusstseinsbildung sowie Information der Öffentlichkeit.
Drastische Missstände aufgedeckt
In diesen zehn Jahren kamen viele drastische „Einzelfälle“ ans Licht. Massive Unterbezahlung, teilweise nur 3 € pro Stunde, verschimmelte und desolate „Quartiere“. Schließlich sogar Arbeitsunfälle, nach denen die Arbeiter:innen nicht versorgt oder ohne Behandlung ins Herkunftsland geschickt wurden. Zu Beginn der Kampagne waren viele Arbeiter:innen gar nicht angemeldet. Inzwischen treffen die Aktivist:innen häufig auf Anmeldungen als Teilzeitarbeitskräfte bei Arbeitszeiten von 60 Wochenstunden und mehr. Bei all den „Einzelfällen“ wird klar, dass Erntearbeiter:innen in großer Abhängigkeit zu ihren Arbeitgebern stehen und es kaum wirksame Kontrollen gibt. Das schafft ein System, das Ausbeutung begünstigt.
Positive Entwicklungen
Dennoch entwickelt sich – nicht zuletzt dank der Sezonieri- Kampagne – einiges in die richtige Richtung. Die Arbeiter:innen wissen inzwischen über ihre Rechte Bescheid, und der tatsächlich ausbezahlte Lohn liegt oft nicht mehr so weit vom KV-Lohn entfernt. Viele Arbeiter:innen wurden dabei unterstützt, ausständige Lohnzahlungen nachzufordern. Einige konnten zum Jobwechsel ermutigt werden und in seltenen Fällen gelang auch das Einklagen der Rechte vor Gericht. Auch in der Öffentlichkeit ist das Bewusstsein für die Situation der Arbeiter:innen gestiegen. Trotzdem: Hinschauen und solidarische Unterstützung braucht es in diesem Bereich noch immer. Genauso wie Kontrollen, die diesen Namen auch verdienen.