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Der beste Mann der Arbeiterschaft

Er gilt als Vater der Arbeitslosenversicherung und des Betriebsrätegesetzes. Ferdinand Hanusch, Gewerkschaftspionier und Sozialreformer, verstarb vor 100 Jahren, am 28. September 1923.

Ferdinand Hanusch stammte aus ärmlichen Verhältnissen. Geboren 1866, wuchs er mit seinen drei Brüdern bei seiner Mutter, einer Heimarbeiterin, in Oberdorf/Hornĭ Ves (heutiges Tschechien) auf. Sein Vater ist nach seiner Geburt verstorben. In seiner Jugend arbeitete er als Hilfsarbeiter in einer Bandfabrik. 1884 versuchte er den Entbehrungen zu entfliehen und begab sich auf die Walz. Es gelang ihm jedoch nicht, sich in einem anderen Teil der Donaumonarchie niederzulassen: Er wurde mehrmals von der Polizei aufgegriffen und wieder in seinen Heimatort abgeschoben.

1888 fand er Arbeit als Weber in einer Seidenfabrik in Wigstadtl/Vitkov. Über seine spätere Frau, Anna Domes, kam er zum Gewerkschaftsverein. Dank seines Engagements wurde er 1997 Gewerkschaftssekretär der Textilarbeiter und Parteisekretär der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Sternberg/Šternberk. Hanusch hatte das Ziel, die vielen lokalen, oft konkurrierenden Textiler:innen-Arbeitervereine in regionale und überregionale Fachvereine zusammenzuschließen. Er reiste dafür durch österreichische Bundesländer und durch Böhmen, um Vorträge zu halten. Da er als Staatsfeind angesehen wurde, wurde er 18 Mal verhaftet.

Streik der Texilarbeiter:innen

Am 2. Mai 1899 traten rund 12.000 nicht organisierte Textilarbeiter:innen in Brünn in Streik. Sie forderten den 10-Stunden-Tag. Hanusch war klar, dass die Streikenden Unterstützung brauchen. So bat er die Wiener Gewerkschaftskommission um Hilfe und es wurde für alle Gewerkschaftsmitglieder die „Streiksteuer“ eingeführt. Dies wurde zur ersten umfassenden Solidaritätsaktion der Gewerkschaften. Der Streik endete Anfang Juli, die Streikziele wurden erreicht. Ende 1900 wurde Hanusch Sekretär der Textilunion in Wien. Bis 1905 gelang es ihm, die Mitgliederanzahl mehr als zu verdoppeln. 

Politische Arbeit

Die immer erfolgreicheren Gewerkschaften riefen auch den Widerstand der Unternehmer:innen hervor. Sie unterstützten gelbe (unternehmerfreundliche) Gewerkschaften und versuchten auch im Reichsrat, unternehmerfreundliche Gesetze durchzusetzen. Dies misslang allerdings, da auch die „Roten“ nach den Wahlen 1907 im Reichsrat saßen – unter ihnen auch Ferdinand Hanusch. Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde Hanusch Staatssekretär für Soziales. In nur zwei Jahren legte er 83 Gesetze zur Verbesserung der sozialen Lage vor, unter anderem das Gesetz über die Arbeitslosenvermittlung, Regelung der Sonn- und Feiertagsruhe, das Betriebsrätegesetz, das Gesetz über die Errichtung von Eignungsämtern und Kollektivverträgen. 1921 wurde Hanusch der erste Direktor der neu gegründeten Arbeiterkammer, deren Errichtung ebenfalls auf ihn zurückgeht. Am 28. September 1923 starb Hanusch in Wien. Die Arbeiterzeitung schrieb in einem Nachruf über Hanusch, er sei der beste Mann, den die Arbeiterschaft aus ihrem Schoß hervorgebracht habe.

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