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Euro-Betriebsräte werden gestärkt

Neue Richtlinie bringt mehr Mitbestimmung und Transparenz

Am 9. Oktober 2025 war es so weit: Das EU-Parlament hat der Überarbeitung der Richtlinie für Europäische Betriebsräte (EBR) zugestimmt. Bereits seit 1994 können EBR die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertreten, und zwar dann, wenn ein Unternehmen mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigt und davon jeweils mindestens 150 Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten beschäftigt werden. Ziel der neuen Richtlinie ist es, Präzisierungen für die Arbeit der Euro-Betriebsräte zu treffen, um bessere rechtliche Durchsetzung zu erreichen.

Die Richtlinie umfasst unter anderem folgende wichtige Änderungen:

  • Künftig gibt es zwei Plenarsitzungen pro Jahr, und zwar in Präsenz. Die Sitzung kann nur hybrid oder als Videokonferenz stattfinden, wenn der EBR ausdrücklich zustimmt (Vetorecht).
  • Stärkere Informationspflichten: Unternehmensentscheidungen müssen zeitgerecht an EBR berichtet werden, damit diese Zeit für eine Bewertung und Stellungnahme haben. Darüber hinaus gibt es eine verbesserte Konsultationspflicht bei transnationalen Entwicklungen. Nicht nur bei Unternehmensentscheidungen, die Arbeitnehmer:innen in mehr als einem Mitgliedsland betreffen, muss der EBR informiert und angehört werden, sondern auch wenn davon auszugehen ist, dass von den Folgen einer Maßnahme in einem Mitgliedsstaat (Produktionsauslagerungen) auch weitere Standorte und deren Belegschaft betroffen sind.
  • Sachverständige des EBR können künftig an allen Sitzungen mit dem Management teilnehmen und dürfen nicht mehr ausgeschlossen werden. Als Sachverständige gelten auch Expert:innen der Gewerkschaften oder Arbeiterkammern.
  • Kosten für Gerichtsverfahren müssen künftig immer vom Unternehmen getragen werden, was ein integraler Bestandteil jedes Betriebsrätesystems ist.
  • Künftig müssen alle angemessenen Kosten für Sachverständige, einschließlich Rechtsexperten, von der zentralen Leitung getragen werden. Die Begrenzung auf nur einen Sachverständigen entfällt.
  • Alle "freiwilligen" EBR-Vereinbarungen, die erstmals bis September 1996 geschlossen wurden, müssen in Übereinstimmung mit der neuen EBR-Richtlinie gebracht werden. Dazu beträgt die Verhandlungszeit zwei Jahre. Scheitern diese Verhandlungen, droht nicht mehr die Auflösung des EBR, sondern es gelten sofort die Vorschriften der Mitgliedsländer (EBR "kraft Gesetz").
  • Für die Einstufung von Informationen als "vertraulich" gelten künftig objektive Kriterien und eine Frist, zu der die Vertraulichkeit endet.
  • Wird die Geschlechterquote von 40 Prozent der Sitze im EBR nicht eingehalten, muss dies gegenüber der Belegschaft begründet werden.

Die PRO-GE begrüßt die Überarbeitung der Richtlinie, denn damit wird ein wichtiges Instrument der betrieblichen Mitbestimmung weiterentwickelt und aktuellen Anforderungen angepasst. Dennoch wurden einige Forderungen der Gewerkschaften noch nicht in vollem Ausmaß erfüllt: Dazu gehört etwa die klare Festlegung der Höhe der finanziellen Sanktionen, sollte ein Unternehmen gegen EBR-Recht verstoßen. Derzeit ist die Strafhöhe von Land zu Land unterschiedlich geregelt. Ebenso fehlt das Recht des EBR, eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Das hätte bedeutet, dass zum Beispiel Massenentlassungen vorübergehend gerichtlich gestoppt werden können, wenn ein Unternehmen den EBR nicht ausreichend einbezieht.

Trotz einiger Mängel ist es ein großer Erfolg, dass das EU-Parlament der neuen EBR-Richtlinie zugestimmt hat, denn vor allem konservative und rechte Parteien wollten die Stärkung der Betriebsräte verhindern.

Österreich hat nun bis 1. Jänner 2028 Zeit, die Richtlinie in nationalem Recht umzusetzen.

 

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