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Mock-up: ÖBB-Taurus-Lokomotive im PRO-GE Design

So wird Österreich zur Bahnfabrik Europas!

AK und PRO-GE präsentieren Studie zur Zukunft der österreichischen Bahnindustrie

Mitten in der Industriekrise zeigt eine neue Studie der Arbeiterkammer (AK) eine riesige Chance auf: Weitgehend unbemerkt entwickelt sich die heimische Bahnindustrie zu einer stillen Heldin. Sie hat großes Potenzial, die für die Mobilitätswende notwendigen Güter in der erforderlichen Stückzahl zu erzeugen und zahlreiche qualitativ hochwertige Industriearbeitsplätze zu schaffen. „Österreich könnte die Bahnfabrik Europas werden, mit starken Impulsen für die regionale Wertschöpfung und für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Dafür ist eine Gesamtstrategie notwendig, die angesichts des Fachkräftebedarfs auch einen Fokus auf Aus- und Weiterbildung legt“, sagt dazu PRO-GE Bundesvorsitzender Reinhold Binder. 

Das wichtigste Ergebnis der Studie: Österreich könnte zum Bahnproduzenten Europas werden, wenn die europäischen Verkehrsziele ernst genommen werden und eine industriepolitische Strategie zu deren Umsetzung entwickelt wird. Allein um die EU-Ausbauziele des Schnellzugnetz zu erreichen, braucht es bis 2050 550 Mrd. Euro. Die Bahnindustrie ist aufgrund ihrer Berufsstruktur eine der besten Ersatzbranchen für Beschäftigte der kriselnden Kfz-Zulieferindustrie. Für AK-Präsidentin Renate Anderl ist die Schlussfolgerung klar: „Es ist österreichisches Staatsinteresse, die Eisenbahnindustrie auf europäischer Ebene zu forcieren.“

Exportwunder und Weltmarktführer

Österreich liegt schon jetzt weltweit auf Platz 1 der Pro-Kopf-Exporte von Schienenfahrzeugen und zugehöriger Ausstattung im Wert von 1,8 Mrd. Euro jährlich. Heimische Unternehmen sind zudem führend bei Gleisbaumaschinen, elektromechanischen Antrieben und Sensortechnik. Und Österreich belegt den ersten Platz bei Patenten pro Kopf und führt bei EU-weiten Investitionen in Forschung und Entwicklung im Eisenbahnbereich.

Die Studie zeigt aber sogar noch Verbesserungspotenzial auf. „Unsere Berechnungen ergeben, dass durch Investitionen im Umfang des Zielnetz 2040 bis zu 24,4 Mrd. Euro an zusätzlicher Wertschöpfung sowie bis zu 230.000 Jahresarbeitsplätze über den Investitionszeitraum generiert werden können“ sagt Studien-Mitautorin Julia Eder von der Johannes Kepler Univierstät Linz. Öffentliche Investitionen in diesen Bereich trügen mehr zur Wirtschaftsleistung beitragen, als sie den Staat kosten. Für jeden investierten Euro entstehen 1,20 Euro an Wertschöpfung. 

So stärken wir das Bahnland Österreich

Damit die Möglichkeiten auch tatsächlich genutzt werden können, müssen die ambitionierten europäischen Verkehrsziele gehalten werden. „Wir müssen Europa verbinden. Dafür braucht es eine Ausnahme von den Fiskalregeln für den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs, eine Aufstockung des EU-Budgets und einen Nachfolger des Coronakrisen-Aufbaufonds für Zukunftsinvestitionen“, fordert AK-Präsidentin Anderl. „Österreich ist ein Bahnland", stellt Reinhold Binder fest. "Daher muss die Bundesregierung in der angekündigten Industriestrategie der Bahn die Unterstützung zukommen lassen, die sie verdient", fordert der PRO-GE Vorsitzende. 

Die EU muss sich zu einer nachfrageseitigen Industriepolitik bekennen. Den größten Hebel gibt es bei der öffentlichen Beschaffung, die europäische Wertschöpfung zur Bedingung macht und soziale und ökologische Kriterien vorschreibt.

Reinhold Binder, Bundesvorsitzender PRO-GE

Forderungen von AK und PRO-GE:

  • Nachfrageseitige Industriepolitik: Die Bahnindustrie durch öffentliche Beschaffung stärken. Diese soll an soziale und ökologische Kriterien geknüpft werden und einen Mindestanteil an europäischer Wertschöpfung – also Produktion in Europa – vorsehen („local content“-Auflagen).
  • Europäische Finanzierung: Die AK fordert eine Ausnahme von den Fiskalregeln für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, eine Aufstockung des EU-Budgets (die „Connecting Europe“-Fazilität im mehrjährigen Finanzrahmen), sowie einen Aufbaufonds 2.0
  • Verkehrsziele einhalten: Es darf keine Kürzungen beim Zielnetz 2040 und bei den ÖBB-Rahmenplänen geben, da diese eine heimische Top-Industrie gefährden könnten. Stattdessen muss der öffentliche Verkehr weiter ausgebaut werden. Eine Gegenfinanzierung gibt es, wenn Österreich Kostenwahrheit für LKW-Frächter schafft: mit einer flächendeckenden LKW-Maut und über eine Ausschöpfung der Wegekostenrichtlinie, die 800 Mio. Euro zusätzliche Einnahmen bringen würde.
  • Innovationsstrategie für die Bahnindustrie: Im Rahmen der angekündigten Industriestrategie soll die Bundesregierung aktiv die gezielte Kooperation von Unternehmen, Universitäten, Verwaltung und Förderinstitutionen in Industrieregionen für die Bahnwirtschaft forcieren.
  • Instrumente der öffentlichen Beteiligung an Industrieunternehmen nutzen: Strategisches öffentliches Eigentum kann zum Erhalt der industriellen Basis oder zur Entwicklung von Schlüsselindustrien für die Mobilitätswende dienen.
  • Arbeitsplätze und Menschen zusammenbringen: Es braucht eine Ausbildungsoffensive für die Bahn und vor allem für die ganze Industrie, sowie die gezielte Förderung von Frauen und älteren Arbeitnehmer:innen. Das AMS soll klimarelevante Bereiche wie die Bahnindustrie bei der Vermittlung priorisieren. Um gute Arbeitsbedingungen für alle zu schaffen, muss die Leiharbeit in der Industrie begrenzt werden.