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Service und Information

Inklusion: Arbeit und Behinderung

Für Menschen mit Behinderung gibt es verschiedene Bescheide und Ausweise. Hier erfährst du, was wofür gilt.

Arbeiter Inklusion
1.887.200 Menschen in Österreich sagen von sich selbst, bei Aktivitäten des Alltagslebens seit mindestens sechs Monaten etwas oder stark eingeschränkt zu sein. Aber nur 40 Prozent von ihnen haben einen festgestellten Grad der Behinderung. Denn die Betroffenen fürchten oft Stigmatisierung und Ausgrenzung. Dabei ist die "offizielle" Feststellung einer Behinderung die einzige Möglichkeit, die wenigen existierenden Nachteilsausgleiche in Anspruch zu nehmen zu können.

Parkausweis, Behindertenpass und die Zugehörigkeit zum Kreis der sogenannten „begünstigt Behinderten“: in Österreich gibt es verschiedene Ausweise und Bescheide für Menschen mit Behinderung. Was, wofür benötigt wird ist oft nicht so einfach zu durchschauen. Hier erfährst du das Wichtigste. 

Ein Tipp vorweg: Der Behindertenpass gilt nicht als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der „begünstigt Behinderten“

„Begünstigt Behinderte“

Gehört man zum Kreis der „begünstigt Behinderten“, ist das vor allem für die Berufsausbildung und das Arbeitsleben relevant: man hat dann unter anderem einen erhöhten Kündigungsschutz. Wie bekommt man aber den Status?

Antragstellung

Die Zugehörigkeit zum Kreis der „begünstigt Behinderten“ muss beim Sozialministeriumservice beantragt werden. Stellt das Sozialministeriumservice fest, dass man einen Grad der Behinderung von 50 Prozent oder mehr hat, bekommt man einen Feststellungsbescheid ausgestellt, der die Zugehörigkeit bescheinigt.

Wichtig: Die Wirkungen des Behindertenstatus treten erst mit der Antragstellung ein und wirken nicht rückwirkend. So kann beispielsweise ein nachgereicht eingebrachter Antrag auf Feststellung der Begünstigten-Eigenschaft für zurückliegende Zeiträume keine Berücksichtigung finden.

Positiven Bescheid dem Arbeitgeber vorlegen!

Der Arbeitgeber erfährt weder etwas von der Antragstellung noch von einem gegebenenfalls positiven Feststellungsbescheid (eine Behinderung von mindestens 50 Prozent). Um etwa den erhöhten Urlaubsanspruch geltend zu machen, aber auch weil der Arbeitgeber finanzielle Interessen hat, die sich aus einer Begünstigten-Eigenschaft ergeben, sollte die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer den Bescheid (nicht das ärztliche Attest oder das Beiblatt) in Kopie unbedingt dem Arbeitgeber vorlegen!

Wer kann den Status „begünstigte Behinderte“ beziehungsweise „begünstigter Behinderter“ bekommen?

  • Österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger
  • EU – Bürgerinnen und EU – Bürger
  • EWR – Bürgerinnen und EWR – Bürger#
  • Anerkannte Flüchtlinge

Ausgenommen sind:

  • Schülerinnen und Schüler
  • Studentinnen und Studenten
  • Pensionistinnen und Pensionisten

Diese Personen können ihren Grad der Behinderung über das Behindertenpassverfahren feststellen lassen.

Was bringt der Status „begünstigt behindert“

  • Der wohl größte Nachteilsausgleich ist der erhöhte Kündigungsschutz (siehe weiter unten).
  • Außerdem kann man für die Arbeit oder die Ausbildung Förderungen bekommen.
  • Wenn es im Kollektivvertrag oder in der Betriebsvereinbarung steht, hat man als „begünstigt behinderte“ Person, einen erhöhten Urlaubsanspruch.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung "begünstigt Behinderte" irreführend ist. Es handelt sich nämlich nicht um eine Begünstigung - also einen Vorteil - sondern um einen gewissen Nachteilsausgleich, der mit dem offiziellen Status erreicht werden soll.

Der Kündigungsschutz für „begünstigte behinderte“ Personen

Der Kündigungsschutz ist eine zentrale Schutzbestimmung des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), die die Nachteile von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt ausgleichen soll. Die Kündigung eines begünstigt behinderten Arbeitnehmers darf nur nach vorheriger Zustimmung des Behindertenausschusses beim Sozialministeriumservice erfolgen. Ohne diese Zustimmung ist die Kündigung rechtsunwirksam.

Das Kündigungsverfahren

  1. Wenn im Betrieb ein Betriebsrat bzw. eine Behindertenvertrauensperson gewählt wurde, so muss der Arbeitgeber diese zuerst von der geplanten Kündigung verständigen
  2. Diese können innerhalb einer Woche Stellung nehmen
  3. Anschließend stellt der Arbeitgeber einen Antrag beim örtlich zuständigen Sozialministeriumservice
  4. Der Behindertenausschuss entscheidet unter Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers über eine mögliche Kündigung

Ausnahmen vom Kündigungsschutz

Der besondere Kündigungsschutz gilt nicht

  • während der Probezeit (erster Monat)
  • wenn der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin als Betriebsratsmitglied bereits einen anderen besonderen Kündigungsschutz genießt
  • bei neuen Arbeitsverhältnissen, die zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht länger als vier Jahre bestanden haben (mit Ausnahmen)

Entlassungsrecht bei „begünstigt Behinderten“

Das BEinstG sieht keinen besonderen Entlassungsschutz vor. Die Berechtigung einer Entlassung ist nach den allgemeinen Bestimmungen des Entlassungsrechts zu beurteilen. Allerdings darf die Entlassungsmöglichkeit nicht zur Umgehung des Kündigungsschutzes genutzt werden - eine Entlassung ohne wichtigen Grund ist rechtsunwirksam.

Der Motivkündigungsschutz

Ergänzend zum besonderen Kündigungsschutz besteht ein Motivkündigungsschutz nach § 7f BEinstG. Wird ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin wegen einer Behinderung gekündigt oder vorzeitig entlassen, kann diese Beendigung bei Gericht angefochten werden.

Behindertenpass

Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis, der als Nachweis der Behinderung gilt. Er gilt vor allem für den privaten Bereich.

ACHTUNG! Der Behindertenpass allein gilt nicht als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der „begünstigt Behinderten“. Diese Klarstellung wurde durch eine Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz, die im Juli 2024 in Kraft getreten ist, gesetzlich verankert. Der Behindertenpass stellt somit keine rechtliche Grundlage für den besonderen Kündigungsschutz dar.

Antragstellung

Der Behindertenpass kann von allen Altersgruppen beantragt werden. Dazu muss man beim zuständigen Sozialministeriumservice einen Antrag stellen. 

Wer kann einen Behindertenpass bekommen?

  • Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent.
  • Alle, die in Österreich ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben oder glaubhaft machen, dass sie sich aus beruflichen oder persönlichen Gründen regelmäßig in Österreich aufhalten.
  • Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus Nicht-EU-Ländern mit einem gültigen Aufenthaltstitel.

Was bringt ein Behindertenpass?

Zunächst ist der Behindertenpass ein amtlicher Lichtbildausweis. Sie erhalten damit aber auch Vorteile:

  • Ermäßigungen bei Veranstaltungen
  • Einen Nachlass von 50 Prozent bei der ÖBB ab einem Grad der Behinderung von mindestens 70 Prozent
  • Einen Freibetrag für die Steuer ab einem Grad der Behinderung von 25 Prozent.

Bescheid für die Zuerkennung einer finanziellen Leistung

Mit dem Behindertenpass ist keine laufende finanzielle Leistung wie eine Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitspension verbunden. Eine solche Geldleistung ist bei den Sozialversicherungsträgern zu beantragen.

Parkausweis

Für den Erhalt eines Parkausweis (nach § 29b der Straßenverkehrsordnung), der das Parken auf gekennzeichneten Behindertenparkplätzen ermöglicht, ist ein zusätzlicher Antrag beim Sozialministeriumservice notwendig.

Die Behindertenvertrauensperson

Wenn du weitere Fragen hast, kannst du dich in deinem Betrieb an jemanden aus dem Betriebsrat oder an die gewählte Behindertenvertrauensperson wenden. Letztere ist Expertin bei allen Fragen rund um Behinderung und Arbeit und zu Verschwiegenheit verpflichtet.

Die Behindertenvertrauensperson ist ein wichtiges Element im System des Behindertenschutzes im Arbeitsumfeld und trägt dazu bei, die besonderen Bedürfnisse und Interessen von Menschen mit Behinderungen zu vertreten und durchzusetzen.